Rioja
Rioja; Das außerhalb Spaniens nach dem Sherry-Gebiet bekannteste und das für normale Qualitätsweine insgesamt wichtigste und renommierteste spanische Weinanbaugebiet, benannt nach dem Rio Oja, einem kleinen Nebenfluss des Ebro, mit der herausragenden Qualitätsstufe einer Denominación de origen calificada.
Das Gebiet umfasst 44.500 ha in den nordspanischen Provinzen La Rioja, Alava und Navarra und ist unterteilt in die beiden besten Bereiche Rioja Alavesa und Rioja Alta westlich von Logroño, wo die Rebflächen höher liegen (ca. 400 – 600 m und höher) und das Klima feuchter ist, und den östlich Logroños liegenden trockeneren und heißeren Bereich Rioja Baja, dessen Weine plumper und „dicker“ sind und fast nur zum Verschnitt benutzt werden (einige werden allerdings auch, wie man in Spanien sagt, „getauscht“), während jene feinen Rotweine, die in der ganzen Welt als Rioja bekannt und geschätzt sind und mitunter etwas zu häufig in die Nähe der Bordeaux-Weine gerückt werden, fast ausschließlich aus den beiden erstgenannten Bereichen stammen.
Die Verwandtschaft zwischen beiden Weinen ist mehr eine historische Reminiszenz:
Als Ende des vorigen Jahrhunderts die Reblaus in Europa einfiel und die Rebflächen Bordeaux‘ verwüstete, zogen einige hundert französische Winzerfamilien in das von dem Schädling noch verschonte Ebro-Tal und ließen sich in Haro und Logroño nieder, die noch heute Hauptzentren des Rioja-Handels sind. Sie importierten damit zugleich ihre Weinbaumethoden nach Spanien. Diese einstigen französischen Methoden sind z. T. heute noch in La Rioja erkennbar, obwohl moderne Erkenntnisse und Praktiken inzwischen durchaus ihren Einzug gehalten haben.
Obwohl am bekanntesten als Rotwein, werden ebenfalls Rose- und Weißweine erzeugt. Während für den Rot- bzw. Roséwein ein Ertrag von 42 hl/ha zulässig ist, darf der Hektar weißer Reben bis zu 63 hl erbringen. Die Moste müssen einen Mindestalkoholgehalt von 10 % vol. erreichen, während die Weine einen durchschnittlichen Alkoholgehalt von 11 – 12 % vol. (weiß) bzw. 12 – 13 % vol. (rot) aufweisen. Nur eingetragene Bodegas sind zur Erzeugung von Rioja-Weinen zugelassen.
Die Weißweine werden zunehmend aus der ausdrucksschwachen, aber säurereichen Viura, das lokale Synonym für den Macabeo, erzeugt, etliche davon reinsortig, während die alte Qualitätssorte Malvasia leider mehr und mehr zurückgeht, da ihre reicheren, gehaltvolleren und sich langsamer entwickelnden Weine vielfach nicht mehr als zeitgemäß gelten. Ferner werden mehr oder weniger große Anteile von Garnacha blanca verwandt. Während sie früher durchweg durch hohe Gärtemperaturen und lange Holzfasslagerung geprägt waren, sind viele heute durch Anwendung moderner Vinifikationstechniken leicht, fruchtig und rassig.
Die besten weißen Rioja – und diese werden leider zunehmend seltener – verfügen über Rasse, Charakter und mitunter außerordentliche Eleganz, reifen gut und können durchaus zehn Jahre und älter werden, ohne an Schönheit zu verlieren. Sie erinnern dann mitunter an hervorragende reife Graves-Weine.
Da in dem Gebiet die Edelfäule nicht auftritt, sind süße oder halbsüße (abocado) Weißweine selten und meist durch Gärungsstopp oder Zusatz von Konzentraten erzeugt.
Während die Rotweine aus La Rioja Baja hauptsächlich aus der roten Garnacha erzeugt werden, dominiert in den beiden feineren Gebieten der Tempranillo, aus dem einige reinsortig erzeugt werden, zu dem in der Regel aber Verschnittanteile von Garnacha, Graciano und Mazuelo (z.T. auch von der weißen Viura) kommen, wobei in der Regel die einfacheren Abfüllungen mehr Garnacha und die gehobeneren Qualitäten mehr Tempranillo enthalten. Diese Rotweine werden zumeist von den einzelnen Bodegas in zwei verschiedenen Grundtypen in den Handel gebracht, die sich bereits äußerlich nach der benutzten Flasche unterscheiden, einmal als sog. Bordeauxtyp in der Bordeauxflasche, zum anderen als Burgundertyp, natürlich in einer Burgunderflasche.
Man sollte dieser Wortwahl keine allzu große Bedeutung beimessen, denn natürlich verbergen sich dahinter keine Bordeaux oder Burgunder. Grob gesagt, ist jedoch in der Regel der erstere Typ schlanker, feiner und eleganter, bei etwas geringerem Alkoholgehalt, während der zweite Typ eher den vollmundigeren, körperreicheren und etwas alkoholhaltigeren Wein darstellt, ohne dass man beide Grundtypen jedoch einheitlich voneinander trennen kann. Die Einstufung schwankt von Bodega zu Bodega, und was bei der einen als Bordeauxtyp gelten mag, mag bei einer anderen den Burgundertyp konstituieren.
Generell lässt sich jedoch feststellen, dass rote Rioja-Weine vollauf bemerkenswert sein können: In ihrer Jugend selten wirklich herb und abweisend, doch durchaus mit Rasse und Tannin, reifen die besten von ihnen außerordentlich gut, wobei sie neben ihrem unverwechselbaren Ausdruck über großen Charakter und Differenziertheit verfügen und bemerkenswert elegant und fein werden können. Spitzenrioja werden mit Leichtigkeit zwanzig Jahre und älter, und ganz große sind selbst nach 50 Jahren noch mit Genuss zu trinken.
Die einzelnen Abfüllungen reifen natürlich unterschiedlich gut, so dass die Beachtung der Qualitätsstufe wesentlich ist. Die einfachsten, qualitativ keineswegs notwendigerweise minderwertigen Abfüllungen sind nicht weiter deklariert (auf dem Rückenetikett des Consejo regulador) und gelten als vino sin crianza, von dem sich als nächsthöhere Stufe der zumeist auch so bezeichnete vino de crianza unterscheidet.
Diese Weine können köstlich sein, doch sollten sie normalerweise in ihrem 4. bis 8. Jahr getrunken werden, die sin (ohne) crianza eher früher. Für eine deutlich längere Lagerung ist der reserva geeignet, doch um jene zwanzig und mehr Jahre zu erreichen, sollte der Wein als gran reserva deklariert sein. Darüber hinaus spielt natürlich die Seriosität der Bodega die entscheidende Rolle.
Als führend hinsichtlich der Qualität ihrer Weine gelten heute allgemein Murrieta, Bujanda, La Rioja Alta, Riscal, Montecillo, CUNE, Lan, Beronia, Martínez Lacuesta, Olarra, Muga, Riojanas, Cantabria, Cáceres, Campo Viejo, P. Lopez Heredia (Tondonia), Cosecheros Alaveses, Carlos Serres, Franco Españolas u.a.