Portugal
Portugal; Von allen großen europäischen Weinbauländern – nach der offiziellen Statistik trinkt der „Durchschnittsportugiese“ mit über 55 l pro Kopf nicht viel weniger Wein als der Franzose und Italiener – darf Portugal für sich in Anspruch nehmen, das unbekannteste zu sein. Vielleicht, dass einem dabei Portwein oder Madeira einfallen, selten jedoch mehr. Dabei hat das Land eine Frankreich und Italien durchaus vergleichbare Palette unterschiedlichster Weine zu bieten, darunter eine Fülle von Weinen, die es verdienten, in Europa bekannter zu sein, da sie z.T. von ganz außerordentlicher Qualität sind und in positiver Weise vielfach den traditionellen Qualitätsweinbau in Europa zum Ausdruck bringen, bevor dieser, wie in den anderen Ländern bereits geschehen, seine modernen und modischen Verformungen erfahren hat.
Nicht nur zu den unbekanntesten, gehört der portugiesische Weinbau auch zu den ältesten in Europa, und seine Anfänge verlieren sich im Dunkel der Geschichte. Wahrscheinlich wurde die Rebe bereits in vorrömischer Zeit durch die Phönizier kultiviert. Auch nach dem Untergang des Römischen Reiches bestand der Weinbau fort, und er hat sowohl die Völkerwanderung als auch die maurische Zeit überstanden. Erst mit der christlichen Rückeroberung des Landes dürfte er aus vielerlei Gründen etwa im Süden des Landes auf Dauer verschwunden sein.
Heute stehen in Portugal rund 370.000 ha unter Reben, die jährlich um die 8 Mio. hl (bei erheblichen jährlichen Schwankungen (1987: 11,1 Mio., 1988: 3,6 Mio. hl) ergeben.
Ganz grob teilt sich diese Ernte in drei Kategorien auf:
Vinho generoso, worunter die Likörweine, wie Portwein, Madeira, Moscatel, fallen;
Vinho verde, jene nordportugiesische Spezialität und
Vinho maduro, der normale Trinkwein.
Bereits im 18. Jahrhundert, genau 1756, begannen Bestrebungen, bestimmte portugiesische Weine, in diesem Fall den Portwein, durch gesetzlich festgelegte Herkunfts- und Herstellungsbestimmungen vor betrügerischen Manipulationen zu schützen. Inzwischen gibt es neben dem Portwein und dem Madeira zwölf weitere, jeweils mit eigener DOC-Regelung versehene, genau festgelegte Gebiete, nämlich in der Algarve die vier Gebiete Lagos, Portimão, Lagoa und Tavira sowie Bairrada, Bucelas, Carcavelos, Colares, Dão, Douro, Setúbal und das Gebiet des Vinho Verde, zu denen inzwischen 31 IPR-Weinbaugebiete hinzugekommen sind wie: Alcobaça, Cartaxo, Lafões, Pinhel, Óbidos, Borba, Torres Vedras, Santarém u.a. Auf sie alle zusammen entfallen rund ein Viertel der portugiesischen Weinernte.
Noch ist die gesamte portugiesische Weinwelt angesichts der Rechtsausgleichung an das EU-Weinrecht sehr im Umbruch, und noch finden sich viele traditionelle Bezeichnungen, wie Reserva oder Garrafeira, die entweder verschwinden oder neu definiert werden. Zur Überwachung der Einhaltung dieser gesetzlichen Bestimmungen fungiert dabei das direkt dem Landwirtschaftsministerium unterstellte Instituto da Vinha e do Vinho.
Der am meisten exportierte portugiesische Wein ist heute der Portwein, obwohl er nur 2-5 % der portugiesischen Weinerzeugung ausmacht, und der Roséwein, wobei Markennamen wie Mateus oder Lancer’s in kaum einem Verkaufsregal fehlen. Tatsächlich wird auch in Portugal selbst viel Roséwein getrunken, jedoch etlicher in erheblich besserer Qualität. Doch sollte eine momentane Exportsituation nicht darüber hinwegtäuschen, dass von der Produktion her 30 % der portugiesischen Weine Weißweine und der Rest Rot- bzw. Roséweine sind. Die besten dieser Vinhos maduros aus dem Douro-Gebiet, allen voran der legendäre Barca Velha, der beste portugiesische Rotwein überhaupt, der Montes Claros, Colares, Dão, Torres Vedras, der Quinta do Carmo aus Borba u.a. können sowohl als Weiß- wie als Rotweine herausragend, wenn nicht bemerkenswert sein: Mit einem Alkoholgehalt zwischen 11,5-13 % vol. haben sie oft erstaunliche Rasse und Charakter und können hervorragend altern und sich dabei zu feinnervigen, reifen und eleganten Weinen entwickeln, die zu den besten in Europa gehören.
Trotz einiger weniger verbreiteter Namen ist der portugiesische Weinbau auch heute noch in der Hand kleiner Winzer. 87 % der insgesamt 180 000 portugiesischen Winzer erzeugen weniger als 10.000 l Wein, und 35-40 % von ihnen sind in zusammen 113 Winzergenossenschaften zusammengefasst. Insgesamt leben 15 % der portugiesischen Bevölkerung von Erzeugung und Vertrieb von Wein.