Etikett
Etikett; Das Etikett ist der Geburtsausweis und das Aushängeschild des Weins, über das äußerlich die Identifizierung und das Wiederfinden eines bestimmten Weins erfolgt. Sieht man sich jedoch viele Etiketten an, hat man oftmals eher den gegenteiligen Eindruck. Dahinter steht häufig mangelndes ästhetisches Empfinden, aber auch eine durch das Weingesetz nur zu oft geförderte Einstellung.
Einen Bordeaux-Wein kann man beispielsweise mit zwei Angaben identifizieren, dem Jahrgang und dem Namen des Château. Für einen Burgunder benötigt man drei oder vier: Jahrgang, grand cru-Lage oder Gemeinde (gegebenenfalls plus einer premier cru-Lage) und Abfüller oder Erzeuger. Mit der gleichen Zahl kommt man bei einem Rioja, Barolo oder Chianti classico aus, während man im Falle eines Sassicaia oder Sammarco sich lediglich den Jahrgang merken muss. Gleiches gilt in Deutschland etwa für den Geheimrat »J« oder den Trullo. Doch für einen normalen Wein von der Mosel, der Nahe oder aus Franken oder jedem anderen deutschen Gebiet werden an die Merkfähigkeit des interessierten Käufers wesentlich höhere Anforderungen gestellt: Nicht nur Jahrgang und Name des Erzeugers, sondern zusätzlich eine bis zu fünf Worte umfassende Litanei aus Gemeinde – plus Lagenname, Rebsorte, Qualitäts- oder Prädikatsstufe und Geschmacksrichtung. Woher nimmt die überwiegende Zahl der Winzer ihren Optimismus, dass der normale Käufer bereit ist, sich diese Fülle von Angaben zu merken? Weitsichtige Weingutbesitzer sind inzwischen längst der Überzeugung, dass das deutsche Weinetikett nicht nur vielfach ästhetisch ansprechender gestaltet, sondern auch gründlich entrümpelt werden muss. Etliche bieten inzwischen ihre QbA-Weine nur noch als Gutsweine mit dem Jahrgang und unter dem Namen des Erzeugers und der Rebsorte an. Da sich dadurch ein sinnvoller Lagenverschnitt erreichen lässt, haben alle gewonnen: Der Kunde, weil er den Wein leichter wiederfindet und feststellt, dass die Qualität vielfach – jedenfalls im Vergleich zu den geringeren Lagen – besser geworden ist, der Erzeuger durch die Straffung seines Angebots und die Gastronomie durch größere verfügbare Mengen des gleichen Weins und eine leichtere Orientierung. Leider bewegt sich im Prädikatsweinbereich bislang nur wenig. Hier ist es bislang noch üblich, jede Lage (sei sie auch noch so unbedeutend) bis hin zur Großlage anzugeben, obwohl das Bewusstsein für die wirklichen Spitzenlagen sich nur schärfen lässt, indem man auf die Deklaration der übrigen Lagen verzichtet, eine Einsicht, die in den letzten Jahren an der Rheinfront um sich gegriffen hat. Warum also nicht einfach Lorcher Riesling Kabinett oder Bechtheimer Weißer Burgunder Spätlese. Jede Vereinfachung der Nomenklatur wäre hilfreich, würde die Identifizierbarkeit fördern und das Ansehen steigern. Sie könnte die Qualität steigern, da sie die Kosten senkt. Der Rheinhessen-Silvaner ist ein überzeugender Schritt in diese Richtung, und der Erfolg mancher neuer Barrique-Weine ist nicht zuletzt darin begründet, dass man sich damit gerne aus den Zwängen der bestehenden Qualitätsweinbestimmungen gelöst und zu einfachen Deklarierungen gefunden hat, auch wenn diesen meist noch ein angemessener Name fehlt.
Einiges muss jedoch auf dem Etikett stehen, und manches davon ist gut und hilfreich. So muss die Qualitätsstufe angegeben sein und in Deutschland und Österreich (seit wenigen Jahren) bei einem Qualitätswein die Amtliche Prüfnummer. Der Erzeuger oder Abfüller muss genannt werden und die Füllmenge. Seit dem 1987er muss in der EU zusätzlich der tatsächliche Alkoholgehalt auf dem Etikett erscheinen.