Alkoholfreier Wein

Während der Alkoholkonsum in Deutschland seit Jahren rückläufig ist, bleibt der Wunsch nach Genuss und Geselligkeit. So entdecken immer mehr Schwangere, Sportler und Gesundheitsbewusste den alkoholfreien Wein. Andere trinken aus medizinischen oder religiösen Gründen keinen Alkohol, weil er ihnen nicht schmeckt oder sie ganz einfach noch mit dem Auto fahren müssen.

Alkoholfreier Wein - Vino Culinario
Was ist dran am Wein ohne Alkohol? Wir erklären, wie er schmeckt, was er kann und wie er hergestellt wird.

Was also ist dran am neuen Trend von Wein ohne Alkohol? Wie wird er gemacht und vor allem – wie schmeckt er?

Was ist alkoholfreier Wein?

Auch wenn Wein und sein unverwechselbarer Geschmack klassischerweise durch die Traubengärung entstehen, sind alkoholfreier Wein und Sekt zunehmend beliebt. Das Deutsche Weininstitut meldet für das Jahr 2020 für den Bereich Schaumwein bereits Marktanteile von rund 5% und die Tendenz ist auch für Rotwein, Rosé und Weißwein steigend.

Grundlage für alkoholfreien Wein ist ein unter normalen, also üblichen Keltermethoden hergestellter Wein mit 9 bis 14 % Alkohol, dem nachträglich durch spezielle Verfahren dieser Alkohol wieder entzogen wurde. Somit ist es möglich, sowohl Rotwein als auch Weißwein und Sekt alkoholfrei herzustellen. Auch ob ein Wein lieblich, trocken oder halbtrocken ist, spielt für seine Eignung der Alkoholentziehung keine Rolle.

Besonders gut eignen sich allerdings fruchtbetonte, tanninärmere Weinsorten wie Sauvignon Blanc, da die Fruchtaromen den fehlenden Alkohol gut ersetzen können.

Wie schmeckt alkoholfreier Wein?

Hier scheiden sich die Geister – und diese Frage ist sicherlich nicht allumfassend zu beantworten. Alkohol ist ein Geschmacksträger und hat einen entscheidenden Einfluss auf die Aromen und das Bouquet eines Weins. Daher wird sich die alkoholfreie Variante immer von einem alkoholhaltigen Wein unterscheiden.

Allerdings schmeckt alkoholfreier Wein bei weitem nicht wie Traubensaft. Die durch die Gärung entstandenen, weintypischen Weinaromen werden bei der Alkoholreduktion weitmöglichst im Wein erhalten oder später wieder zugesetzt. Durch das eingesetzte Vakuumverfahren bleiben auch flüchtige Aromen besser im Wein verhaftet. Beim Sekt ersetzt Kohlensäure den Alkohol.

Die Entwicklung und Verfeinerung der Herstellungsmethoden haben hier in den letzten Jahren größere Fortschritte gemacht, was nicht zuletzt der steigenden Nachfrage zu verdanken ist.
Gerade bei den Weiß- und Schaumweinen ist auch unter Weinkennern eine erhöhte Akzeptanz zu erkennen, ein bouquetreicher Muscat oder Gewürztraminer können durchaus einen trinkbaren Ersatz ergeben.
Tannin– und säurereiche Weinsorten haben es schwerer, da Alkohol dem adstringierenden Tannin im Wein Paroli bietet und der Säure die Spitze nimmt.

Wie wird alkoholfreier Wein hergestellt?

Gärung von Wein im Edelstahltank - Vino Culinario
Auch alkoholfreier Wein wird zunächst normal vergoren – hier im Edelstahltank. Der Alkohol wird danach in einem weiteren Arbeitsschritt wieder entzogen.

Zu Beginn geht alles den gewohnten Weg: Für alkoholfreien Wein wird zunächst normaler Rot- oder Weißwein gekeltert, durch die Gärung entsteht der für Wein übliche Alkoholgehalt von 9 bis ca. 14 %. Anschließend wird der im Wein enthaltene Alkohol in einem zusätzlichen Arbeitsschritt wieder extrahiert. Für den nachträglichen Entzug des Alkohols aus dem Wein gibt es mehrere Verfahren, die in den letzten Jahren immer mehr verfeinert und ausgebaut wurden.

Das heutzutage meistverwendete ist das schonende Vakuumverfahren, da Alkohol im Vakuum bereits bei aromafreundlichen 27° C verdampft und somit bei diesem Verfahren die meisten im Wein enthaltenen Aromastoffe erhalten bleiben.

Normalerweise verdampft Alkohol erst bei 78° C, weswegen die sog. Dünnschichtverdampfung, die mit dieser hohen Temperatur arbeitet, am wenigsten geeignet ist, das ursprüngliche Aroma zu erhalten und immer weniger eingesetzt wird.

Ein weiteres Verfahren ist die Dialyse oder sog. Umkehrosmose, bei der die Alkoholmoleküle und leider auch Aromastoffe durch feinschichtige Membrane filtriert werden. Auch diese Methode wird kaum noch angewandt.

Ist alkoholfreier Wein wirklich immer frei von Alkohol?

Nein! Für Lebensmittel gilt ein Wert von unter 0,5 % bereits als alkoholfrei, weswegen viele alkoholfreie Weine und Schaumweine noch einen Restalkoholanteil zwischen 0,2 und 0,4 % enthalten.

Lediglich die Kennung “Ohne Alkohol” garantiert einen Wert von 0 %. Hält man die Augen beim Weinkauf auf, hat man aber in der Regel kein Problem, eine Null-Prozent-Flasche zu erwischen. Viele Hersteller machen mit einem 0,0 %-Label auf die Alkoholfreiheit ihres Produktes aufmerksam. Gelegentlich findet sich auch ein “Halal”-Zertifikat auf Weinen ohne Alkohol, da dies für Muslime ein wichtiges Kriterium ist. Restalkohol gilt als “haram” und ist ihnen nicht erlaubt.

Ist alkoholfreier Wein gesund?

Traubenmaische rote Weintrauben - Vino Culinario
Die während der Maischegärung aus der Traube – vor allem der Schale – gelösten Stoffe finden sich im Wein wieder und sollen während der Alkoholentziehung möglichst erhalten bleiben.

Alkohol in Unmengen ist ungesund – das sollte inzwischen wirklich jeder wissen. Ob das tägliche Gläschen Rotwein gesundheitsfördernd oder schädigend ist, ist nach wie vor umstritten.

Die gute Nachricht für Liebhaber von alkoholfreiem Wein ist zumindest, dass die “guten” Stoffe wie Phenole und Resveratole die Entalkoholisierung gut überstehen und im alkoholfreien Wein (vor allem Rotwein) immer noch enthalten sind. Weiterhin enthält alkoholfreier Wein weniger Zucker und deutlich weniger Kalorien als sein alkoholhaltiger Verwandter (nur ca. ein Drittel!).

Auch Allergiker können sich freuen: Alkoholfreier Wein und Sekt sind meist histaminfrei oder zumindest deutlich histaminärmer als Wein mit Prozenten. Hier am besten auf das Label “histamingeprüft” achten (die Bezeichnung “histaminfrei” darf seit 2015 EU-weit nicht mehr auf Weinflaschen verwendet werden).

Alkoholfreier Wein und Sekt in der Schwangerschaft

Da die Kennung “alkoholfrei” nicht bedeutet, dass wirklich kein Alkohol enthalten ist, sondern lediglich die Grenze von 0,5 % nicht überschritten wird, gilt: In der Schwangerschaft ist auf Wein, Bier und Sekt zu verzichten, auch wenn sie als alkoholfrei verkauft werden. Besser, man achtet auf die Angabe „ohne Alkohol„, da diese wirklich 0 % garantiert.

Was ist der Unterschied zu alkoholreduziertem Wein?

Alkoholreduzierter Wein ist ein ganz normal alkoholhaltiges Getränk. Allerdings enthält er häufig genau Volumenprozent, da er sich unter diesem Wert nicht mehr Wein nennen darf. Mit der alkoholfreien Variante hat er allerdings nichts zu tun und unterscheidet sich von dieser durch mind. 8,5 % Alkoholanteil.

Fazit

Alkoholfreier Weingenuss - Vino Culinario
Geselliger Weingenuss ohne Alkohol ist einen Versuch wert.

Was ist nun also zu halten von der alkoholfreien Variante des edlen Rebensaftes?

Man kann nicht erwarten, dass man bei beiden ein identisches Geschmackserlebnis erhält. Dies kann ein alkoholfreier Wein von Natur aus nicht bieten. Aber in den letzten Jahren hat sich im Bereich der Weine ohne Alkohol hinsichtlich der Qualität viel getan, auch bedingt durch eine erhöhte Nachfrage und erhöhte gesellschaftliche Akzeptanz. Durch verbesserte Methoden und zunehmend auch bessere Grundweine sind die Ergebnisse ebenfalls eher geneigt, den Weingenuss zu fördern und finden sich die weintypischen Aromen in immer feineren Nuancen auch in den alkoholfreien Weinen.

Es ist wie bei so vielem: Wer sich mit offenem Geist und Geschmacksknospen an die Verkostung von alkoholfreien Weinen heranwagt, wird sicher Spannendes und Neues entdecken und nicht enttäuscht werden. Auf einen Versuch ankommen lassen kann man es auf jeden Fall.